KI in der Qualitätssicherung

Herausforderungen in der QS

Um zu verstehen, wo KI in der Qualitätssicherung (Abkürzung QS) unterstützt, betrachten wir zuerst die Aufgabenbereiche der QS. Die Qualitätssicherung ist branchenübergreifend für verschiedene Aufgaben in der Produktion zuständig. Typischerweise gehört dazu die Qualitätskontrolle von ein- und ausgehenden Waren, Produkten und Dienstleistungen. Zu den Aufgaben gehört auch, maschinelle Prozesse zu überwachen und zu beobachten. Die Qualitätssicherung ist auch in die Fertigungs(end)kontrolle eingebunden. Dies geschieht durch Stichprobenprüfungen oder im Rahmen der statistischen Prozesskontrolle. Dabei werden standardisierte Stichproben durchgeführt und anschließend u.a. mit statistischen Ansätzen ausgewertet.

Die Herausforderung besteht darin, repetitive Tätigkeiten, bei denen der Mensch nur noch als Sachbearbeiter eingesetzt wird, zu automatisieren. Dies hat die Bindung von Kapazitäten und die Verursachung von Kosten zur Folge. Die QS sollte die Kapazitäten für solche Aufgaben stattdessen dafür einsetzen, die Produktion im Sinne einer kontinuierlichen Verbesserung zu optimieren.

Beschreibung der KI

Bevor wir die Anwendungsfelder von KI in der Qualitätssicherung beschreiben, machen wir einen kurzen Exkurs zu den Grundlagen der KI. Bei einer künstlichen Intelligenz handelt es sich um nichts anderes als einen Algorithmus im Hintergrund. Dieser Algorithmus ist oft in eine Datenverarbeitung integriert und führt eine bestimmte Aufgabe aus. Dabei kann es sich z. B. um die Klassifikation von Bildern oder um die Erkennung von Mustern in Prozessdaten handeln. Algorithmen werden in überwachtes und unüberwachtes Lernen unterschieden. Erstere sind im Einsatz, wenn z.B. die Klassifikation von Bildern das Ziel ist. Letztere eignen sich für die Erkennung von Anomalien. Sowohl beim überwachten als auch beim unüberwachten Lernen gibt es verschiedene Algorithmen, die für unterschiedliche Anwendungen geeignet sind. Künstliche Neuronale Netze oder Entscheidungsbäume sind Beispiele dafür. Verwandte Begriffe sind u.a. maschinelles Lernen sowie der englische Begriff Deep Learning.

Anwendungsfelder

Alle Anwendungsfelder für KI in der Qualitätssicherung haben ein Ziel gemeinsam: Automatisierung von wiederholbaren Aufgaben und Übernahme repetitiver Aufgaben durch den Computer. So bleibt der QS die Möglichkeit sich auf die kreativen Aufgaben der Verbesserung und Problemlösung zu fokussieren.

Bilddatenauswertung

Ein Anwendungsfall ist die Bilderkennung. Gerade in der Montage oder der Endkontrolle von Bauteilen bieten sich optische Prüfungen an. Typische Metriken sind die Vollständigkeit des Bauteils, die Kratzerfreiheit oder die Bewertung einer Form. KI kann hier bei der Bildauswertung helfen. Dabei klassifiziert ein QS-Mitarbeiter mehrere Bilder und teilt sie in verschiedene Klassen ein oder annotiert einzelne Fehlerbilder. Anschließend wird ein Algorithmus auf dieser Bildauswahl trainiert. Im Live-Betrieb erhält der Algorithmus ein neues Bild der Baugruppe und ordnet dieses selbstständig den gelernten Klassen zu.

Dynamische Messreduktion

In Branchen mit hohen serienbegleitenden Prüfungen, wird oft die Frage nach einer Reduktion des Prüfumfangs laut. Mit Hilfe einer dynamischen Messreduktion kann der Umfang reduziert werden. Dazu wird auf Basis des Anlagenverhaltens entschieden, ob eine Prüfung notwendig ist. Ein Algorithmus überwacht dabei einzelne Prozessparameter und schätzt basierend auf diesen die zu erwarteten Qualität ab. Wird der Prozesszustand als kritisch angesehen, wird eine Messung empfohlen. Ebenfalls erkennt die KI, wenn bisher unbekannte Zustände auftreten und empfiehlt eine Messung. Mit Hilfe dieses Feedbackloops kann die KI über die Zeit mehr dazulernen. In unserem Anwendungsbeispiel haben wir beschrieben, wie bis zu 70% der serienbegleitenden Prüfungen in der Gummiherstellung eingespart werden können.

Monitoring von Prozessparametern

Das manuelle Überwachen von maschinellen Prozessen ist zeitaufwendig. Mit Hilfe der KI kann dieser Prozess weitgehend automatisiert werden und der Mensch muss nur noch Anomalien und Auffälligkeiten analysieren. Hierzu wird einem Algorithmus der typische Prozessverlauf vorgegeben, welchen der Mensch als „normal“ definiert. Die KI erlernt diesen Zustand und kann Abweichungen hiervon erkennen. Ebenfalls such diese nach Trends und weiteren Auffälligkeiten, um den Prozess gesamtheitlich zu überwachen. Wird eine Anomalie entdeckt, benachrichtig der Algorithmus die QS. Diese kann dann die entsprechen Korrekturmaßnahmen einleiten. Hier finden Sie mehr Informationen zu Monitoringmöglichkeiten in der Produktion.

Reaktion auf Materialschwankungen

In den rohstoffverarbeitenden Industrien kommt es häufig vor, dass eine gewisse Schwankungsbreite im Rohmaterial vorhanden ist. Hier muss der Produktionsprozess für jede Charge individuell angepasst werden. Die QS kann dies mit Hilfe intelligenter Algorithmen steuern. Dabei werden über einen gewissen Zeitraum die Wareneingangsprüfungen mit den Maschinenparametern verglichen und Einstellregeln definiert. Ein Algorithmus kann dieses Wissen dann digital abbilden. So wird der Mitarbeiter an der Anlage bei einer neuen Charge über die optimierten Einstellparameter informiert. Dies kann auch für temperatursensitive Prozesse genutzt werden.

Quellen

Qualitätsregelkarte

Definition Qualitätsregelkarte

Die Qualitätsregelkarte wird in der Qualitätssicherung eingesetzt. Mit Hilfe von statistischen Berechnungen werden Eingriffsgrenzen für den Prozess festgelegt. Liegt eine gezogene Stichprobe außerhalb dieser Eingriffsgrenzen ist dies ein Hinweis auf ein mögliches Problem im Produktionsprozess. Für verschiedene Anwendungen existieren Varianten zur Berechnung der Eingriffsgrenzen. Das Ziel der Qualitätsregelkarten ist dabei die Stabilität und Fähigkeit von Produktionsprozessen zu erreichen, zu erhalten sowie langfristig zu verbessern.

Merkmalstyp: Attributiv und Kontinuierlich

Wenn es um die Auswahl der richtigen Qualitätsregelkarten geht, muss der Merkmalstyp analysiert werden. Dabei werden zwei Typen unterschieden:

Je nach Merkmalstyp kann die entsprechende Qualitätsregelkarte ausgewählt werden.

Regelkarten für kontinuierliche Merkmale

Für kontinuierliche Merkmale bieten sich die folgenden Regelkarten an:

Der gleitende Mittelwert sowie die EWMA-Karte haben den Vorteil, dass nicht auch historische Werte in die Berechnung der Grenzen mit einfließt. Dem gegenüber steht eine höhere Komplexität.

Regelkarten für diskrete Merkmale

Für diskrete Merkmale bieten sich diese Regelkarten an:

Hinweis: In der Industrie geht der Trend dahin, dass Regelkarten für diskrete Merkmale weniger angewandt werden. Dies rührt unter Anderem daher, dass bei kleinen Fehleranteilen unrealsitisch viele Stichprobenmengen zur Berechnung gezogen werden müssten. Ebenfalls wird oft bemängelt, dass die Regelkarten nur funktionieren, wenn Fehler vorhanden sind. Daher wird angezweifelt, ob diese zu einer Prozessstabilisierung beitragen. Der Trend geht viel mehr dahin, die diskrete Merkmale durch kontinuierliche Merkmale zu ersetzen. Dies birgt weitere Vorteile bei der Auswertung.

Zweck von Qualitätsregelkarten

QRK ermöglichen es, die Qualität von Prozessen oder Produktionen zu bewerten, indem sie Veränderungen in den Ergebnissen des Prozesses im Laufe der Zeit verfolgen. Durch die Überwachung von Schlüsselvariablen können Abweichungen von den normalen Prozessleistungen erkannt werden, bevor sie zu größeren Problemen führen. Dazu „spricht eine Regelkarte an“, wenn einer der folgenden Fälle erkannt wird:

Die Fälle werden im Rahmen des Aufsetzens der Qualitätsregelkarten unternehmensspezifisch definiert.

Insgesamt dienen Qualitätsregelkarten als Werkzeug zur kontinuierlichen Verbesserung von Prozessen und Produktionen, indem sie es den beteiligten Personen ermöglichen, proaktiv auf Probleme zu reagieren und ihre Leistung im Laufe der Zeit zu überwachen und zu verbessern.

Beispielrechnung für eine Regelkarte

Das Beispiel wird anhand einer Mittelwertkarte dargestellt. Die Formel zur Berechnung der Mittelwertkarte (X̅-Karte) ist relativ einfach und besteht aus folgenden Schritten:

Berechnen Sie den Durchschnitt (X̅) der erfassten Daten über einen bestimmten Zeitraum.

Berechnen Sie die obere und untere Eingriffsgrenze (UEGund OEG) basierend auf der Standardabweichung (σ) der Daten und der Größe der Stichprobe (n) wie folgt:

Tragen Sie die erfassten Durchschnittswerte auf der X̅-Karte auf und zeichnen Sie die Mittellinie (X̅) sowie die obere (OEG) und untere (UEG) Eingriffsgrenze ein.

Wenn neue Datenpunkte auf der X̅-Karte aufgezeichnet werden, müssen Sie nur noch den Durchschnitt berechnen und mit den Kontrollgrenzen vergleichen, um festzustellen, ob der Prozess oder die Produktion innerhalb des akzeptablen Bereichs liegt. Wenn der Durchschnittswert außerhalb der Kontrollgrenzen liegt, ist dies ein Zeichen dafür, dass der Prozess oder die Produktion nicht stabil ist und Maßnahmen ergriffen werden müssen, um das Problem zu lösen.

Echtzeit-Qualitätsregelkarte mit der smartPLAZA

Mit der Software smartPLAZA lassen sich Qualitätsregelkarten automatisiert in Echtzeit umsetzen. Für jeden neu gemessenen Wert – egal ob Sensorwert oder händisch gemessener Wert – wird die QRK aktualisiert und abgeprüft. Liegt ein Ansprechen der Karte vor, wird automatisiert eine Meldekette angestoßen.

Wie funktioniert das Einrichten von einer Qualitätsregelkarte mit der Software smartPLAZA?

  1. Einbinden der Datenquellen

    Für die Erfassung der Messwerte können entweder die Standardkonnektoren zur Anbindung einer Maschine oder vorgefertigte Templates für Prüfpläne verwendet werden. Erstere rufen zyklisch automatisch die Messwerte an der Steuerung der Maschine ab. Die Prüfpläne fordern den Mitarbeiter auf definierte Merkmale zu messen. Die Prüfwerte können auf einem Tablet oder einem Rechner erfasst werden.

  2. Einrichten des Regelkarten-Monitorings

    Im Monitoring Modul werden die einzelnen Qualitätsmerkmale ausgewählt und die Überwachung mit Hilfe von vorgefertigten Qualitätsregelkarten konfiguriert. Nach Wahl der passenden Auswertung, können die Fälle, wann gewarnt werden soll, individuell angepasst werden. Zum Schluss wird die Meldekette definiert, wann wer in der Produktion gewarnt werden soll. Warnungen können via Dashboards, E-Mail oder SMS ausgegeben werden.

  3. Anpassung Dashboard für Echtzeit-Visualisierung

    Soll die Qualitätsregelkarte direkt an der Anlage visualisiert werden, bietet die smartPLAZA vorgefertigte Dashboards an. Diese können leicht auf die Bildschirmgröße angepasst und freigegeben werden. Die Anzeige wird sofort aktualisiert, wenn ein neuer Messwert im System hinterlegt und die Regelkarten erneut berechnet werden.

Vor-Und Nachteile von Qualitätsregelkarten

Unzulässige Vergleiche zwischen Grenzen

Einzelwerte können mit oberen bzw. unteren Toleranzgrenzen verglichen werden. Statistische Kenngrößen mit wie der Mittelwert oder Median können mit den berechneten Eingriffsgrenzen verglichen werden. Ein Vergleich der statistischen Kennzahlen mit den Toleranzgrenzen ergibt jedoch keinen Sinn. Denn liegt der Mittelwert einer Stichprobe innerhalb der Toleranzgrenzen, können Einzelwerte dennoch außerhalb der Toleranzgrenzen liegen.

Händisch geführte Qualitätsregelkarten

Werden Qualitätsregelkarten manuell geführt erzeugt dies einen Aufwand für den Mitarbeiter. Ebenfalls muss ein gewisses statistisches Grund Verständnis vorhanden sein, um die Regelkarten korrekt zu interpretieren. Daher sind manuell geführte Regelkarten zu vermeiden.

Frühzeitige Erkennung von Problemen

Durch die Überwachung von Schlüsselvariablen können Abweichungen von der Zielvorgabe frühzeitig erkannt werden, bevor sie zu größeren Problemen führen.

FAQ Qualitätsregelkarten

Was ist eine Qualitätsregelkarte?

Eine Qualitätsregelkarte (QRK) ist ein Werkzeug, das in der Qualitätssicherung zur Überwachung und Steuerung der Stabilität und Leistung eines Prozesses oder einer Produktion über einen bestimmten Zeitraum verwendet wird.

Die Qualitätsregelkarte basiert auf statistischen Methoden und stellt die Ergebnisse einer Messung oder einer Messreihe auf einer Achse im Zeitverlauf grafisch dar. Die Karte hat eine Mittellinie, die den Mittelwert der Messungen darstellt, und Grenzlinien, die die Ober- und Untergrenzen der akzeptablen Abweichung von der Mittellinie darstellen. Durch die Überwachung der Messungen auf der Karte können Abweichungen vom erwarteten Verhalten schnell erkannt und Probleme behoben werden, bevor sie zu größeren Problemen führen.

Welcher Stichprobenumfang bei Qualitätsregelkarten?

Im Standardfall sollte ein Stichprobenumfang von n = 5 gewählt werden. So wird der Prozess gut abgebildet.

Quellen / Weitere Literatur

Heft zur statistischen Prozessregelung von Bosch hier zu lesen

Overall Equipment Efficiency (OEE)

Definition OEE-Berechnung

Um einen gesamtheitlichen Blick auf die Anlagenperformance zu erhalten, bedarf es der Kombination von verschiedenen Kennzahlen. Eine reine Optimierung auf die gefertigte Qualitätsrate würde eventuell ansonsten einen Minderung  der Verfügbarkeit mit sich ziehen. Wird nur auf einen Parameter hin optimiert (z.B. Qualitätsrate), könnte die Verfügbarkeit zum Beispiel unbemerkt leiden. Mit der OEE werden die drei Sichtweisen Verfügbarkeit, Produktivität und Qualität kombiniert. Die Berechnung der einzelnen Kennzahlen ist im folgenden Schaubild dargestellt.

Jede Produktion definiert die einzubeziehenden Informationen in die Felder Verfügbarkeit, Produktivität und Qualität selbst. Als Beispiel anzuführen, ist die Diskussion, welche Stillstände geplant und welche nicht geplant sind.

Zweck der OEE

Verbesserungsprojekte validieren

Die Gesamtanlageneffizienz dient dazu einen neutralen Blick auf die Anlage zu generieren. Anhand der Kennzahlen können Verbesserungen als auch Verschlechterungen an der Anlage transparent dargestellt werden. Wird zum Beispiel ein Verbesserungsprojekt zur Reduktion der Stillstands Zeiten durchgeführt, müsste sich im Nachgang die Kennzahl erhöhen.

Bottlenecks identifizieren

Ebenfalls kann die Overall Equipment Efficiency verwendet werden, um sogenannte Bottlenecks und Schwachstellen im Produktionsprozess zu identifizieren. Anlagen mit einer niedrigeren Gesamtanlageneffizienz im Vergleich zu ähnlichen Anlagen mit ähnlichem Produktportfolio weißt auf ein Problem an der Anlage hin.

Produktionslinien vergleichen

Wenn die Gesamtanlageneffizienz nicht auf eine einzelne Maschine, sondern auf gesamte Produktionslinien angewandt wird, können hier ebenfalls Vergleiche der Performance durchgeführt werden. Hierzu müssen Ausschussraten und Mengen über die einzelnen Linien hin aggregiert werden.

OEE berechnen

Die Grundformel für lässt sich sehr einfach darstellen:

OEE = Verfügbarkeit * Produktivität * Qualität \newline
Verfügbarkeit = \cfrac{Betriebsdauer}{Geplante\, Produktionszeit - Geplante\, Stillstände}
Produktivität= \cfrac{Zykluszeit_{Soll}*Produzierte\, Menge}{Betriebsdauer}
Qualität= \cfrac{Gutmenge}{Produzierte\, Menge}

Spannend wird es in der Kalkulation in der Produktion. Prinzipiell lassen sich zwei Datentypen hierbei unterscheiden. Vorgabeparameter wie die geplante Produktionszeit und vorgegebene Mengen sind oft im ERP-System hinterlegt. IST-Zahlen wie produzierte Menge, Ausschuss und Stillstandszeiten werden oft direkt an der Maschine bzw. Anlage erfasst.

Eine Berechnung kann manuell erfolgen. Hierzu werden am Schichtende durch den Schichtleiter die Berechnungen in zum Beispiel einem Tabellenkalkulationsprogramm durchgeführt. Im Shopfloor-Meeting am nächsten morgen werden die Kennzahlen dann manuell gesammelt und besprochen.

Mit Hilfe von Software lässt sich das jedoch besser abbilden. Hierzu wird zum einen eine Schnittstelle zur Maschine sowie zum ERP-System benötigt. So können die relevanten Parameter abgefragt und in die Berechnung eingebunden werden. Für die Berechnung bietet sich dann ein zyklischer Job an, der nach Abschluss einer Schicht die Daten abgreift und berechnet.

OEE in verschiedenen Branchen

Klassischerweise wird die Overall Equipment Efficiency dazu verwendet, um einzelne Maschinen (z.B. Kunststoffspritzgussautomaten) zu überwachen. Je nach Schwerpunkt der Fertigung und Wertschöpfung bieten sich jedoch auch andere Maschinentypen zur OEE-Berechnung an. Im Bergbau werden zum Beispiel OEE-Kennzahlen eingesetzt, um Transport-LKWs zu monitoren. Als Qualitätsfaktor wird hier der Füllgrad der LKW angesetzt. In Branchen mit hohen Prüfaufwendungen, z.B. Elektronikfertigung, wird die Gesamtanlageneffizienz zur Analyse von Prüfgeräten verwendet.

Beispielrechnung für eine OEE

Doch wie wird die Gesamtanlageneffizienz konkret berechnet? In der folgenden Tabelle finden Sie eine Beispielrechnung für eine diskrete Fertigung von Stückgütern für eine Schicht.

ParameterVerlustgründeBerechnung
Geplante ProduktionszeitGeplante WartungenGeplante Betriebszeit: 480 min
Geplanter Stillstand: 30 min
Geplante Produktionszeit = 480 min-30 min = 450 min
VerfügbarkeitAnlagenausfall
Rüstzeiten
Einstellen von Prozessparameter
Stillstände (ungeplant): 20min
Verfügbarkeit = 450 min – 20 min / 450 min = 95,55 %
ProduktivitätAnlagenleerlauf
Verringerte Anlagengeschwindigkeit
Soll-Zykluszeit: 6 min
IST-Menge: 62 Stück
Produktivität = (6 min x 62 Stück) / 430 min = 86,51 %
QualitätWerkzeugverschleiß
Anlaufverluste
Rohstoffschwankungen
IST-Menge: 62 Stück
Ausschuss: 3 Stück
Qualität = (62-3) / 62 = 95,16 %

Mit den oben berechneten Werte Verfügbarkeit, Produktivität und Qualität verhält sich die Gesamtanlageneffizienz wie folgt:

OEE = Verfügbarkeit * Produktivität * Qualität = 95,55 \% * 86,51\% * 95,16\% = 78,65\% \newline 

Die Kennzahl kann dann für jede Maschine, Schicht und Abteilung berechnet werden. Spannend wird es, wenn der Verlauf über mehrere Wochen hin analysiert wird. So lässt sich früh ein Trend erkennen.

OEE-Berechnung mit der Software smartPLAZA

Welche Schritte werden benötigt, um eine Overall Equipment Efficiency in der Produktion zu berechnen? Finden Sie hier unser vier Schritte Konzept:

  1. Einbindung der Datenquellen

    Zum einen werden die IST-Daten von der Maschine eingebunden. Die Daten können bereits aggregierte Werte (z.B. Ausschuss pro Auftrag) enthalten oder die Rohdaten (z.B. IST-Prozesswerte pro Schuss, Messergebnisse) enthalten. Ebenfalls werden die Vorgabedaten aus dem ERP-System eingebunden. Für beide Schnittstellen stehen im Data Warehouse Standard Konnektoren zur Verfügung.

  2. Definition der OEE-Berechnung

    Im Reportingtool wird die OEE-Berechnung definiert. Hierzu werden die Vorgabedaten den einzelnen OEE-Bausteinen zugeordnet. Dabei können auch weitere individuelle Adaptionen durchgeführt werden. Ebenfalls werden die IST-Daten den jeweiligen OEE-Blöcken zugeordnet. Ebenfalls wird der Berechnungszeitpunkt bestimmt, zum Beispiel 30min nach Schichtende. Nach Aktivierung werden die OEE-Daten zyklisch automatisiert berechnet und in eine eigene Datentabelle weggeschrieben.

  3. OEE-Dashboard erstellen

    Für die Visualisierung wird ein Dashboard empfohlen. Hier stehen vorgefertigte Templates zur Verfügung, um die relevanten Datenpunkte anzuzeigen. Diese müssen mit der OEE-Tabelle verknüpft werden. Anschließend kann das OEE-Dashboard freigegeben werden.

  4. OEE-Monitoring einrichten

    Je nach Anzahl der Maschinen kann das Monitoring der OEE-Kennzahlen komplex werden. Mit Hilfe der Monitoring Funktionalität können die einzelnen Datenpunkte überwacht werden. Tritt ein Trend über mehrere Schichten auf, kann direkt zum Beispiel der Schichtleiter benachrichtigt werden.

Vor- und Nachteile der OEE

Höhe der OEE

Obwohl die Berechnungsformel recht einfach ist, hängt die Höhe der Kennzahl von vielen getroffenen individuellen Annahmen ab. Eine pauschale Aussage wie „ab einer OEE von X% ist die Produktion gut“ ist daher schwierig und sollte nicht getroffen werden. Die Gesamtanlageneffizienz ist ein Tool, um Verbesserungspotential aufzuzeigen. Bei gleicher Berechnungsgrundlage, eignet sich die Kennzahl natürlich auch für ein Benchmarking zwischen Maschinen, Abteilungen, Werken und Unternehmen. Aber nur bei gleichen Annahmen – sonst werden Äpfel mit Birnen verglichen.

Gesamtheitlicher Blickwinkel

Mit der OEE-Kennzahl kann ein gesamtheitlicher Blickwinkel auf die Anlagenperformance gerichtet werden. Verbesserungsmaßnahmen können durch die Kennzahl leicht validiert und hinsichtlich verschiedener Dimensionen (Verfügbarkeit, Produktivität und Qualität) geprüft werden.

FAQ

Was ist ein guter für die Overall Equipment Efficiency-Wert?

Einen pauschalen absoluten Zielwert zu formulieren ist nicht einfach. Pauschal lässt sich sagen, je höher desto besser. Jedoch basiert die Berechnung auf vielen individuellen Annahmen. Diese können die Kennzahl künstlich nach oben treiben bzw. unten halten. In Allgemeinen wird jedoch eine OEE von über 80% als gut angesehen.

Wie wird die Kennzahl OEE berechnet?

Die Kennzahl wird berechnet aus der Multiplikation der Verfügbarkeit, Produktivität und Qualität an einer Anlage bzw. Maschine. Sie nimmt Werte von null bis 100% an.

Gibt es eine Norm für die Overall Equipment Efficiency?

Es existiert keine einheitliche Norm für die Berechnung der Kennzahl. Daher ist ein Vergleich zwischen Unternehmen (und auch Werken) bei verschiedenen Annahmen zur Berechnung oft irreführend.

Quellen

Anwendung in der Bergbaubranche mit Berechnung der OEE hier nachzulesen

Informationen zu OEE und von Lean-Spezialist Prof. Roser hier nachzulesen

Kritische Lenkungspunkte (CCP)

Was sind CCPs?

Ausgehend von der HACCP-Analyse wird ein kritischer Lenkungspunkt (CCP) definiert. Er umfasst kritische Grenzwerte, die definiert und validiert werden müssen. Die Informationen können aus der wissenschaftlichen Literatur oder aus anderen Quellen stammen. Beispiele sind Informationen von Handels- und Industrieverbänden, unabhängigen Experten oder Regulierungsbehörden. Darüber hinaus müssen CCPs auch den technischen Fortschritt im Laufe der Zeit berücksichtigen. Dies bedeutet die CCPs müssen mit der Zeit auch aktualisiert werden.

Kritische Lenkungspunktes (CCP) werden im Branchenstandard IFS7 wie folgt definiert:

„Eine Stufe, auf der es möglich und von entscheidender Bedeutung ist, eine Gefahr für die Lebensmittelsicherheit zu verhüten oder auszuschalten oder sie auf ein annehmbares Mas zu verringern.“

IFS7 Standard

CCP und HACCP

Bei der Hazard Analysis and Critical Control Points (Abkürzung HACCP) wird das Produkt, der Verwendungszweck beschrieben und ein Fließdiagramm erstellt. Dieses Diagramm enthält Informationen über die (Teil-)Prozesse sowie eine eindeutige Zuordnung der CCPs und weiterer Kontrollmaßnahmen, wie z.B. von Kontrollpunkten. Dies geschieht mit Hilfe eines Entscheidungsbaumes, der eine logische Begründung darstellt. Dabei werden für jede CCP kritische Grenzwerte festgelegt, um eindeutig zu erkennen, wann ein Prozess beherrscht bzw. nicht beherrscht wird. Während einer Vor-Ort-Bewertung werden die kritischen Lenkungspunkte und Kontrollmaßnahmen vom Auditor mit dem HACCP-Plan verglichen. Die folgende Abbildung zeigt die einzelnen Schritte auf dem Weg zur Festlegung der CCPs im HACCP-Prozess.

HACCP Grundsätze

Der Branchenstandard IFS7 verlangt während einem Audit folgende Informationen:

Erfassung und Monitoring von CCP

Ein CCP wird durch definierte Verfahren überwacht, um einen Kontrollverlust an diesem Punkt zu erkennen. Die Beherrschung des CCP wird durch Aufzeichnungen nachgewiesen. Ebenso müssen diese für einen relevanten Zeitraum (z.B. mindestens Mindesthaltbarkeitsdatum plus X) aufbewahrt werden.

Verlässt ein CCP den definierten Raum, sprich wird nicht mehr beherrscht, müssen entsprechende Korrekturmaßnahmen durchgeführt und dokumentiert werden.

Die Erfassung kann im einfachsten Fall über eine manuelle Aufzeichnung auf einem ausgedruckten Formular erfolgen. Folgende Werte sollten aufgezeichnet werden:

Auf dem Formular sollten Informationen über den CCP sowie Ort und eine kurze Anleitung zur Durchführung der Messung zu finden sein. Die Unterlagen sollten turnusmäßig durch den QM-Verantwortlichen eingesammelt und sicher verwahrt werden.

Automatisches Monitoring von CCP

Die manuelle Messung von CCPs ist zeitaufwendig und beinhaltet immer das Risiko eines menschlichen Einflusses. Eine automatisierte Messung kann hier Abhilfe schaffen. Dadurch ergeben sich verschiedene Vorteile:

Für die Umsetzung einer Automatisierung gibt es verschiedene Optionen. In diesem Beitrag finden Sie allgemeine Informationen zur Automatisierung und Digitalisierung manueller Messungen.

Mit Hilfe einer Automatisierung kann der CCP kontinuierlich überwacht werden. So kann direkt bei einer Überschreitung bzw. wenn ein Trend auf eine baldige Überschreitung hindeutet, bereits hinterlegte Korrekturmaßnahmen automatisiert angestoßen werden.

Unterschied Kontrollpunkte (CP) und Kritischen Lenkungspunkte (CCP)

Unter Kontrollmaßnahmen (eng. Control Points, Abkürzung CP) werden Punkte im Produktionsprozess definiert, die bei nicht Beherrschung ein Sicherheitsrisiko darstellen, jedoch nicht zu einem Gesundheitsproblem führen. Würde letzteres eintreten, wird der Punkt als CCP definiert. Für einen CP können die gleichen Überwachungsverfahren und Monitoringtools wie für einen CCP eingesetzt werden.

Beispiele für kritische Lenkungspunkte (CCP) im HACCP

In der folgenden Tabelle sind Beispiele für Gefahren und dazugehörige CCPs mit Überwachungsverfahren dargestellt.

GefahrCCPManuelle MessungAutomatisierte Messung
Verunreinigung durch UmgebungUmgebungstemperatur /-LuftfeuchtigkeitKalibriertes HandthermometerKalibrierte kombinierte Messfühler
Kontamination mit SalmonellenÜberwachung Erhitzungsdauer und – TemperaturAblesen Temperatur und Stoppen der ZeitÜbertragung Maschinendaten von Steuerung
Verschmutzung des Lebensmittels durch Öl in verwendeter DruckluftÖlgehalt in der verwendeten DruckluftAblesen von MessgerätenÜbertragung von Messdaten des Reinigungssystems
Beispiele für CCPs im HACCP

CCP-Monitoring mit der smartPLAZA

Sowohl das manuelle als auch das automatisierte Monitoring benötigen Unterstützung in Form von Software. Natürlich lässt sich vieles mit Tabellenkalkulationsprogrammen abbilden – aber spätestens bei Fragen der Authentizität von Aufzeichnungen und der Automatisierung von Meldeketten wird es eng. Mit unserer Software smartPLAZA können Sie als Lebensmittelhersteller die Überwachung von CCPs digital einfach abbilden. Für die manuelle Erfassung bietet die Software vorgefertigte Vorlagen, die der Mitarbeiter in der Produktion am Tablet oder Computer ausfüllen kann. Der Mitarbeiter im QM kann die Prüfpläne einfach verwalten und erhält bei Abweichungen automatisch eine E-Mail.

Auch der Zugriff auf Datenquellen wie Sensoren oder Steuerungen ist über Standardschnittstellen möglich. So wird aus der periodischen Überwachung durch den Mitarbeiter eine kontinuierliche Überwachung. Nicht erst bei einer Abweichung, sondern bereits bei einem Trend, der auf eine Abweichung hindeutet, kann die Meldekette aktiviert werden. In die E-Mail oder SMS kann auch direkt eine Handlungsempfehlung für eine Korrekturmaßnahme integriert werden. Besteht eine Verbindung zur Anlagensteuerung, kann auch direkt in der Steuerung eine Korrekturmaßnahme ausgelöst werden.

Mit der smartPLAZA kann somit die Überwachung von CCPs in der Produktion digital abgebildet werden. Durch eine zentrale Übersicht der einzelnen Messwerte wird zudem die Transparenz in der Produktion erhöht und Optimierungspotenziale können identifiziert werden.

Monitoringübersicht für Messmerkmal “Temperatur” in der DatenBerg smartPLAZA

FAQ CCP

Was ist ein Kritischer Lenkungspunkt (CCP)?

Kritische Lenkungspunktes (CCP) werden im Branchenstandard IFS7 wie folgt definiert:
„Eine Stufe, auf der es möglich und von entscheidender Bedeutung ist, eine Gefahr für die Lebensmittelsicherheit zu verhüten oder auszuschalten oder sie auf ein annehmbares Mas zu verringern.“

Was ist der Unterschied zwischen einem CP und einem CCP?

Wird ein CCP nicht beherrscht, spring der Wert ist außerhalb der festgelegten Grenzwerten, besteht Gefahr für die Gesundheit des Konsumenten. Bei einem CP besteht zwar ein Sicherheitsrisiko, jedoch ist nicht von einem Gesundheitsrisiko auszugehen.

Wie definiere ich CCPs?

Im Rahm der HACCP-Analyse werden Gefahren im Prozess analysiert und hinsichtlich ihres Risiko bewertet. Birgt eine Gefahr ein Gesundheitsrisiko ist hierfür ein Kritischer Lenkungspunkt (CCP) einzurichten. Ansonsten wird die Gefahr über einen Kontrollpunkt (CP) überwacht.

Quellen

Prozessfähigkeit

Prozessstabilität

Fähigkeitsindizes geben Auskunft darüber, wie gut ein Prozess die Anforderungen erfüllt. Dies kann nur beurteilt werden, wenn der Prozess stabil ist. Die Prozessstabilität gibt an, ob ein Prozess als beherrscht oder nicht beherrscht angesehen wird. Ohne Stabilität ist die Betrachtung von Fähigkeitsindizes nicht sinnvoll. Nach ISO 25514 sind Prozesse beherrscht, wenn sich die Merkmalswerte praktisch nicht oder nur in bekannter Weise oder innerhalb bekannter Grenzen ändern. Werden zu einfache Zufallsstichproben aus dem Prozess gezogen, dann verhalten sich diese so, als kämen sie aus derselben Grundgesamtheit.

Normalverteilte Prozesse

Die Berechnung der Prozessfähigkeit basiert oft auf der Annahme, dass die Prozessdaten normalverteilt sind. Von daher ein kleiner Statistikexkurs: Bei kontinuierlichen Prozessen können die Merkmalswerte jeden beliebigen Wert annehmen. Ein Beispiel ist die Temperatur in einer Maschine. Die Normalverteilung wird durch zwei Kenngrößen bestimmt. Der arithmetische Mittelwert und die Standardabweichung. Beide Kenngrößen werden aus einer Stichprobe geschätzt.

In diesem Beitrag werden die in der folgenden Abbildung dargestellten Begriffe verwendet. In einzelnen Normen oder Spezifikationen können die Bezeichnungen der einzelnen Parameter abweichen.

Wenn ein Merkmal normalverteilt ist, kann die Standardabweichung verwendet werden, um abzuschätzen, wie viele produzierte Teile innerhalb oder außerhalb der spezifizierten Toleranzen liegen. Unter ppm versteht man die Anzahl der Teile pro Million.

StandardabweichungAnteil innerhalb der ToleranzAnteil Außerhalb der Toleranz
+/- 1sigma68,27 %31,73%
+/- 2sigma95,45 %4,55 %
+/- 3sigma99,73 %0,27 %
+/- 4sigma99 936 ppm63 ppm
+/- 5sigma999 999,43 ppm0,57 ppm
+/- 6sigma999 999 998 ppm0,002 PPM
Auswirkungen verschiedener Standardabweichung

Prozessfähigkeitsindex cp

Der Prozessfähigkeitsindex (eng. Process capability index) gibt die Fähigkeit eines Prozesses an. Er beschreibt, inwieweit ein Prozess geeignet ist, ein Produkt herzustellen, das die Anforderungen an das Produkt erfüllt. Umgangssprachlich kann man sagen, dass die Prozessfähigkeit angibt, „wie gut der Prozess in die Toleranz passt“. Der Prozessfähigkeitsindex wird auch als „potenzieller Prozessfähigkeitsindex“ bezeichnet. Für die Berechnung des Prozessfähigkeitsindex werden zwei Spezifikationsgrenzen benötigt, eine untere und eine obere.

Für die Berechnung von cp verwendet die ISO 25514 die Schreibweise des 99,865-%-Quantil, X99,865 % und vom 0,135-%-Quantil, X0,135 %.  Bei einem normalverteilten Messmerkmal kann dies als sechsfache Standardabweichung 6σ, oder 6s, angegeben werden, wenn σ aus einer Stichprobe geschätzt wird.

c_p = \cfrac{OSG - USG }{6\sigma}

Kritische Prozessfähigkeit cpk

Der kleinste Prozessfähigkeitsindex (eng. Minimum process capability index) wird auch kritischer Prozessfähigkeitsindex genannt. Er gibt das Verhältnis von Toleranz zu Prozessstreuung unter Berücksichtigung der Prozesssituation an. Er beschreibt die Prozessfähigkeit in Bezug auf die gegebenen Spezifikationsgrenzen.

Die kritische Prozessfähigkeit wird wie folgt berechnet:

c_{pk} = min{(c_{pku},c_{pkl})} \\
c_{pku} = \cfrac{\={x} - USG }{3\sigma} \\ \\ \newline
c_{pkl} = \cfrac{OSG- \={x}}{3\sigma}

Phasen der Prozessqualifikation

Bei der Bewertung der Fähigkeitsindizes können drei Phasen unterschieden werden. Vor dem Serienanlauf wird die Kurzzeitfähigkeit betrachtet. Hier stehen maschinenbedingte Einflüsse im Vordergrund. Dies kann z.B. bei der Abnahme einer Maschine erfolgen. In der vorläufigen Prozessfähigkeitsuntersuchung werden alle in der Produktion relevanten Einflussgrößen berücksichtigt. In der Langzeit-Prozessfähigkeitsuntersuchung werden die Einflüsse in der Produktion über einen längeren Zeitraum betrachtet.

Kurzzeitfähigkeits-untersuchungVorläufige Prozessfähigkeits-untersuchungLangzeitprozess-fähigkeitsuntersuchung
Wann?Vor SerienstartVor SerienstartAnalyse in der Serienproduktion
FähigkeitsindexCmPpCp
Kritischer FähigkeitsindexCmkPpkCpk
Phasen der Prozessfähigkeitsuntersuchung

Beispiel zur Berechnung der kritischen Prozessfähigkeit

  1. Auswahl des Werteverlaufs
    Im ersten Schritt wählen Sie das Messmerkmal aus. In unserem Beispiel ist das Merkmal „Dichte“. Dann selektieren Sie den zu analysierenden Auftrag. Die Schritte werden im Smart Analyzer der smartPLAZA ausgeführt.
  2. Normalverteilungsprüfung
    Nun gilt es zu prüfen, ob das Messmerkmal normalverteilt ist. In der smartPLAZA wird der Test automatisiert durchgeführt. In der Spalte „Normalverteilt“ ist das Ergebnis dargestellt. Ist der Test auf Normalverteilung positiv, kann fortgefahren werden.
  3. Berechnung der Prozessfähigkeit
    Nach dem Test auf Normalverteilung kann nun der cpk-Wert berechnet werden. Dazu werden die oben beschriebenen Formeln verwendet. In der smartPLAZA werden die Werte automatisiert berechnet.
  4. Prozessbewertung
    Diese Werte können nun mit der Anforderung des Kunden verglichen und der Prozess so bewertet werden. Liegt der cpk-Wert über der Kundenanforderung, kann dieser als fähig betrachtet werden.
Analyse des cpk-Wertes

Typische Fragen

Wann ist ein Prozess beherrscht?

Ein Produktionsprozess ist dann beherrscht, wenn sich die Verteilung der Merkmalswerte, die sich praktisch nicht oder nur in bekannter Art und Weise oder innerhalb bekannter Grenzen ändern.

Wie prüfe ich Messwerte auf eine Normalverteilung?

Statistische Tests geben eine analytische Auskunft, ob ein Messmerkmal normalverteilt ist. Hierzu wird der p-Wert des statistischen Tests betrachtet. Ist dieser größer, als ein vorher definierter Wert (oft p=0,05) wird eine Normalverteilung angenommen. Als Test findet zum Beispiel der Kolmogorov-Smirnov Test Anwendung. Als visuelle Einschätzung kann auch ein Histogramm helfen. Für die automatisierte Berechnung bietet zum Beispiel smartPLAZA eine automatische Durchführung der statistischen Tests an.

Wie berechne ich eine kritische Prozessfähigkeit, wenn die Toleranzmitte nicht dem Soll-Wert entspricht?

Hier empfiehlt die DIN ISO 22514, dass obere und untere Prozessfähigkeitsindizes getrennt berechnet und betrachtet werden sollen. Hier soll nicht nur der kleinere Wert als kritischer Index angegeben werden. An beide Werte können jedoch verschiedene Anforderungen gestellt werden.

Wie berechne ich einen Prozessfähigkeitsindex bei einseitig tolerierten Merkmalen?

Liegt nur eine Spezifikationsgrenze (obere oder untere) vor, werden die Indizes wie oben beschrieben berechnet. Für die Angabe von kritischen Prozessfähigkeitsindizes wird jedoch kein Minimum aus den Werten für die obere bzw. untere Spezifikationsgrenze gebildet, sondern nur ein Wert angeben.

Wie interpretieren ich den Prozessfähigkeitsindex und den kritischen Proessfähigkeitsindex?

Die beiden Werte Prozessfähigkeit cp und kritische Prozessfähigkeit cpk sollten stets zusammen analysiert werden. Ist der cp-Wert viel Größer als der cpk-Wert, deutet dies auf Optimierungspotential im Prozess hin. Ein cpk-Wert von größer als 1,33 wird in der Regel als sicher eingestuft. Die individuellen Schwellwerte sind jedoch mit dem Kunden abzustimmen.

Referenzen

Standardnorm für Fragen zu Prozessfähigkeitsindizes: DIN ISO 22514-1:2016-08 hier zu finden

Handbuch für SPC: Statistical Process Control (SPC-3) der Automotive Industry Action Group AIAG hier zu finden

Wissen

Hier werden alle Wissensbeiträge zu den Themen Daten nutzen, Industrie 4.0 und statistischen Kennzahlen im Produktionsumfeld gelistet.

Nelson-Rules

Herkunft

Die Nelson-Regeln sind ein Satz von acht statistischen Qualitätskontrollregeln, die zur Erkennung von abweichenden oder ungewöhnlichen Datenpunkten in einer Prozessregelkarte verwendet werden. Die Nelson-Regeln wurden in den 1950er Jahren von ihrem Namensgeber Edward Nelson entwickelt und sind in der statistischen Prozesskontrolle (SPC) weit verbreitet. Mit ihrer Hilfe kann festgestellt werden, wann in einem Prozess eine Abweichung mit einer bestimmten Ursache auftritt. Dies kann ein Hinweis darauf sein, dass der Prozess außer Kontrolle geraten ist oder dass ein Problem vorliegt, das gelöst werden muss.

Übersicht: Die acht Nelson-Regeln

Die acht Nelson-Regeln sind wie folgt definiert.

  1. Datenpunkte, die vom Mittelwert der angezeigten Datenreihe mehr als drei Standardabweichungen entfernt sind.
  2. Neun (oder mehr) aufeinanderfolgende Punkte liegen auf derselben Seite des Mittelwerts.
  3. Sechs (oder mehr) aufeinanderfolgende Punkte sind aufsteigend (bzw. absteigend).
  4. Vierzehn (oder mehr) aufeinanderfolgende Punkte alternieren zwischen auf- und absteigend.
  5. Zwei (oder drei) von drei aufeinanderfolgenden Punkten liegen mehr als zwei Standardabweichungen in gleicher Richtung vom Mittelwert entfernt.
  6. Vier (oder fünf) von fünf aufeinanderfolgenden Punkten liegen mehr als eine Standardabweichung in gleicher Richtung vom Mittelwert entfernt.
  7. Fünfzehn (oder mehr) aufeinanderfolgende Punkte liegen innerhalb eine Standardabweichung vom Mittelwert entfernt.
  8. Acht (oder mehr) aufeinanderfolgende Punkte liegen mehr als eine Standardabweichung in beiden Richtungen vom Mittelwert entfernt.

Wird eine der Regeln erfüllt, deutet dies auf ein abnormales Prozessverhalten hin.

Nelson-Regeln in der Fertigung

Wenn ein Datenpunkt gegen eine dieser Regeln verstößt, kann dies ein Hinweis darauf sein, dass es ein Problem mit dem Prozess gibt, das untersucht werden muss. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass nicht alle abweichenden Datenpunkte zwangsläufig durch ein Problem verursacht wurden. Es ist wichtig, jeden Datenpunkt zu untersuchen, um festzustellen, ob es sich um einen legitimen Ausreißer handelt oder ob es eine andere Erklärung für das Ereignis gibt. Die Nelson-Regeln sind jedoch eine gute Möglichkeit den Produktionsprozess automatisiert zu überwachen.

Nelson-Regeln in der DatenBerg smartPLAZA

Die acht Nelson-Rules sind in der smartPLAZA standardmäßig hinterlegt. In der Analyse werden die gefilterten Daten automatisiert gegen die Regeln abgeprüft. Die erkannten Regeln können einfach visuell eingeblendet werden. Im folgenden Screenshot sind zum Beispiel die Bereiche rot markiert, an denen die Nelson Rule 2 angeschlagen hat. Neben der reinen visuellen Analyse können die Nelson-Rules auch im Monitoring verwendet werden. Sobald eine Nelson-Rule aktiviert wird, kann zum Beispiel eine E-Mail getriggert werden.

Nelson-Rules Chart in der smartPLAZA

Nelson-Rules individuell anpassen

Die Nelson-Rules decken verschiedene Szenarien in der Produktion ab. Jede Produktion ist jedoch anders und dadurch können unter Umständen zu oft oder zu wenig die Nelson-Rules getriggert werden. Daher kann es Sinn ergeben, die Nelson-Rules abzuändern. Hierzu können die gleichen statistischen Grundlagen wie bei den Nelson-Regeln verwendet werden. Die individuelle Anpassung kann zum Beispiel vor der Einführung einer Monitoring-Lösung wie der DatenBerg smartPLAZA passieren. In der smartPLAZA können Sie individuelle Regeln auf Basis der Nelson-Rules definieren.

FAQ Nelson-Regeln

Wie viele Nelson-Rules gibt es?

Es gibt standardmäßig 8 Nelson-Rules. Diese können jedoch um unternehmensspezifische Regeln erweitert werden. Es müssen für einen Fertigungsprozess auch nicht alle Nelson-Rules eingesetzt werden.

Sind Nelson-Regeln in allen Industrien einsetzbar?

Die Nelson-Regeln sind nicht industriespezifisch aufgebaut. Im Prinzip sind diese auf alle Produktionsprozesse anwendbar. Es kann jedoch Sinn ergeben, die Regeln auf den jeweiligen Fertigungsprozess anzupassen, um keine falschen Alarme zu triggern. Denn die Regeln werden im Normalfall in eine Meldekette eingebunden und diese soll nur aktiviert werden, wenn wirklich eine Auffälligkeit an der Anlage vorliegt.

Was benötige ich, um die Nelson-Regeln einzusetzen?

Nelson-Regeln benötigen Daten, um zu funktionieren. Analog erfasste und manuell notierte Daten sind schwierig automatisiert auszuwerten mit Nelson-Regeln. Liegen die Daten in einem Tabellenkalkulationsprogramm vor, können die Regeln leichter abgeprüft werden. Soll der ganze Prozess mit Überwachung und Meldekette umgesetzt werden, bietet sich eine Software wie die DatenBerg smartPLAZA an.

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