Um zu verstehen, wo KI in der Qualitätssicherung (Abkürzung QS) unterstützt, betrachten wir zuerst die Aufgabenbereiche der QS. Die Qualitätssicherung ist branchenübergreifend für verschiedene Aufgaben in der Produktion zuständig. Typischerweise gehört dazu die Qualitätskontrolle von ein- und ausgehenden Waren, Produkten und Dienstleistungen. Zu den Aufgaben gehört auch, maschinelle Prozesse zu überwachen und zu beobachten. Die Qualitätssicherung ist auch in die Fertigungs(end)kontrolle eingebunden. Dies geschieht durch Stichprobenprüfungen oder im Rahmen der statistischen Prozesskontrolle. Dabei werden standardisierte Stichproben durchgeführt und anschließend u.a. mit statistischen Ansätzen ausgewertet.
Die Herausforderung besteht darin, repetitive Tätigkeiten, bei denen der Mensch nur noch als Sachbearbeiter eingesetzt wird, zu automatisieren. Dies hat die Bindung von Kapazitäten und die Verursachung von Kosten zur Folge. Die QS sollte die Kapazitäten für solche Aufgaben stattdessen dafür einsetzen, die Produktion im Sinne einer kontinuierlichen Verbesserung zu optimieren.
Bevor wir die Anwendungsfelder von KI in der Qualitätssicherung beschreiben, machen wir einen kurzen Exkurs zu den Grundlagen der KI. Bei einer künstlichen Intelligenz handelt es sich um nichts anderes als einen Algorithmus im Hintergrund. Dieser Algorithmus ist oft in eine Datenverarbeitung integriert und führt eine bestimmte Aufgabe aus. Dabei kann es sich z. B. um die Klassifikation von Bildern oder um die Erkennung von Mustern in Prozessdaten handeln. Algorithmen werden in überwachtes und unüberwachtes Lernen unterschieden. Erstere sind im Einsatz, wenn z.B. die Klassifikation von Bildern das Ziel ist. Letztere eignen sich für die Erkennung von Anomalien. Sowohl beim überwachten als auch beim unüberwachten Lernen gibt es verschiedene Algorithmen, die für unterschiedliche Anwendungen geeignet sind. Künstliche Neuronale Netze oder Entscheidungsbäume sind Beispiele dafür. Verwandte Begriffe sind u.a. maschinelles Lernen sowie der englische Begriff Deep Learning.
Alle Anwendungsfelder für KI in der Qualitätssicherung haben ein Ziel gemeinsam: Automatisierung von wiederholbaren Aufgaben und Übernahme repetitiver Aufgaben durch den Computer. So bleibt der QS die Möglichkeit sich auf die kreativen Aufgaben der Verbesserung und Problemlösung zu fokussieren.
Ein Anwendungsfall ist die Bilderkennung. Gerade in der Montage oder der Endkontrolle von Bauteilen bieten sich optische Prüfungen an. Typische Metriken sind die Vollständigkeit des Bauteils, die Kratzerfreiheit oder die Bewertung einer Form. KI kann hier bei der Bildauswertung helfen. Dabei klassifiziert ein QS-Mitarbeiter mehrere Bilder und teilt sie in verschiedene Klassen ein oder annotiert einzelne Fehlerbilder. Anschließend wird ein Algorithmus auf dieser Bildauswahl trainiert. Im Live-Betrieb erhält der Algorithmus ein neues Bild der Baugruppe und ordnet dieses selbstständig den gelernten Klassen zu.
In Branchen mit hohen serienbegleitenden Prüfungen, wird oft die Frage nach einer Reduktion des Prüfumfangs laut. Mit Hilfe einer dynamischen Messreduktion kann der Umfang reduziert werden. Dazu wird auf Basis des Anlagenverhaltens entschieden, ob eine Prüfung notwendig ist. Ein Algorithmus überwacht dabei einzelne Prozessparameter und schätzt basierend auf diesen die zu erwarteten Qualität ab. Wird der Prozesszustand als kritisch angesehen, wird eine Messung empfohlen. Ebenfalls erkennt die KI, wenn bisher unbekannte Zustände auftreten und empfiehlt eine Messung. Mit Hilfe dieses Feedbackloops kann die KI über die Zeit mehr dazulernen. In unserem Anwendungsbeispiel haben wir beschrieben, wie bis zu 70% der serienbegleitenden Prüfungen in der Gummiherstellung eingespart werden können.
Das manuelle Überwachen von maschinellen Prozessen ist zeitaufwendig. Mit Hilfe der KI kann dieser Prozess weitgehend automatisiert werden und der Mensch muss nur noch Anomalien und Auffälligkeiten analysieren. Hierzu wird einem Algorithmus der typische Prozessverlauf vorgegeben, welchen der Mensch als „normal“ definiert. Die KI erlernt diesen Zustand und kann Abweichungen hiervon erkennen. Ebenfalls such diese nach Trends und weiteren Auffälligkeiten, um den Prozess gesamtheitlich zu überwachen. Wird eine Anomalie entdeckt, benachrichtig der Algorithmus die QS. Diese kann dann die entsprechen Korrekturmaßnahmen einleiten. Hier finden Sie mehr Informationen zu Monitoringmöglichkeiten in der Produktion.
In den rohstoffverarbeitenden Industrien kommt es häufig vor, dass eine gewisse Schwankungsbreite im Rohmaterial vorhanden ist. Hier muss der Produktionsprozess für jede Charge individuell angepasst werden. Die QS kann dies mit Hilfe intelligenter Algorithmen steuern. Dabei werden über einen gewissen Zeitraum die Wareneingangsprüfungen mit den Maschinenparametern verglichen und Einstellregeln definiert. Ein Algorithmus kann dieses Wissen dann digital abbilden. So wird der Mitarbeiter an der Anlage bei einer neuen Charge über die optimierten Einstellparameter informiert. Dies kann auch für temperatursensitive Prozesse genutzt werden.